Lässt sich ein „Kopfproblem“ nicht lösen, liegt es eben einfach daran, dass der Kopf sich nicht selbst helfen kann. Wenn Gedanken in ihm rasen, wird er kaum Lösungen finden können. Wenn Gefühle ihn durchfluten, kann er sich kaum selbst regulieren.
Dass es trotzdem so versucht wird und die „Psychoindustrie“ das genau so propagiert mit immer neuen Hilfsangeboten, liegt an der verbreiteten Meinung, dass der Kopf das Zentrum sei. Er sei die oberste Leitinstanz und beherrsche den „dummen Körper“ – oder er sollte es jedenfalls.
Bei Stephen Gilligan heißt es dazu, er habe schon vor Langem gelernt, dass er im Kopf nicht genug sein würde. Nicht der Kopf ist unser Zentrum, sondern es liegt stattdessen viel tiefer, jenseits des bewussten Denkens.
Wir können es spüren, und jeder kennt es, wenn er einmal in einem Flow war, in einem als beglückend erlebten Gefühl des völligen Aufgehens in einem Tun oder Erleben.
Kinder kennen es beim Spielen, Sportler können es erleben, z.B. wenn sie klettern gehen, beim Segeln, Laufen und anderem mehr, Musiker beispielsweise in einem Konzert, wenn sie „eins mit dem Publikum“ sind. Flow erleben wir in Phasen, in denen wir uns in etwas vertiefen und es einfach von selbst geschieht, ohne dass man etwas macht, wenn „der Kopf sich ausschaltet“.
Ein Komponist beschrieb den Flow als die Phasen seiner Arbeit, in denen er in Höchstform sei:
„Man ist in einem derart ekstatischen Zustand, dass man fast das Gefühl hat, nicht zu existieren. Ich habe das immer wieder erlebt. Meine Hand scheint nicht zu mir zu gehören, und mit dem, was da geschieht, habe ich nichts zu tun. Ich sitze einfach in einem Zustand ehrfürchtigen Staunens da und schaue zu. Und es fließt ganz von allein.“
Sportler kennen es als einen Zustand, „in dem die Höchstleistung mühelos wird“, in dem die Dinge von selbst geschehen. Im Grunde ist es eine „Erfahrung, die fast jeder dann und wann macht“. Vergleichen lässt es sich am besten „mit einem ekstatischen Liebesakt, bei dem zwei zu einem fließend harmonischen Einen verschmelzen“.1
Definieren lässt sich der Flow als ein „starkes Glücksgefühl, das Menschen in intensiven Momenten ihres Lebens empfinden. Im Bewusstseinszustand des Flow ist, wer völlig in seiner Tätigkeit aufgeht, ganz im Hier und Jetzt ist und das Gefühl hat, dass alles stimmig ist.“
Im Flow entsteht spontane Freude, die bis zur Verzückung gehen kann. Das Fließen trägt seinen Lohn in sich selbst. „Es ist ein Zustand, in dem man ganz in dem aufgeht, was man tut, ihm seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenkt, wo das Bewusstsein nicht mehr vom Handeln getrennt ist.“
Damit stellt das Flow-Erleben geradezu den Gegensatz dar zur inneren Unruhe und zum Grübeln. Bezeichnenderweise ist es sogar so, dass der Flow gebrochen wird, wenn sich wieder Gedanken melden und der Kopf die Arbeit aufnimmt. Denn es stört das glückselige Fließen, wenn sich Gedanken eindrängen wollen – „der bloße Gedanke, ‚Das mache ich wunderbar‘ kann das Gefühl des Fließens zerstören“.
Das Fließen ist somit ein Zustand der inneren Selbstvergessenheit, „das Gegenteil von Grübeln und Sorgen: Statt sich in aufgeregten Gedanken zu verlieren, gehen Menschen im Zustand des Fließens so vollständig in der vorliegenden Aufgabe auf, dass sie jegliches Bewusstsein von sich selbst verlieren und die … Alltagssorgen – Gesundheit, Rechnungen, sogar der Erfolg – von ihnen abfallen.“
Dabei ist es dann sogar so, dass in diesem Zustand des Flow die Dinge wie von selbst gelingen. Denn „Menschen zeigen beim Fließen eine meisterhafte Kontrolle dessen, was sie tun, und ihre Reaktionen sind vollkommen auf die wechselnden Anforderungen der Aufgabe eingestellt“.2
Problemzustand und Lösungszustand (Flow)
Am einen Ende unseres Spektrums befindet sich der Problemzustand, am anderen der Lösungszustand, den wir in seiner schönsten Form als den Flow bezeichnen können. Unser Leben, das wir führen, verläuft auf der inneren Spannbreite, die die beiden Pole markieren. Niemand ist immer und ständig unruhig und im Problemzustand fixiert. Genauso wenig ist es möglich, sich permanent im Flow zu befinden.
Wir Menschen pendeln zwischen den Polen, so aber, dass es uns zum Flow hinzieht, zu dem inneren Glücksempfinden, aber der Negativpol des Erlebens uns immer wieder blockieren kann. Mit anderen Worten will Energie fließen, das kann sie wortwörtlich am besten im Flow, stößt aber immer erneut auf Blockaden, die die Energie zurückdämmen können, bis es im Problemzustand sogar zum Energiestau kommt. Wir neigen dann zur Problemreaktion Fliehen, Kämpfen oder Erstarren.
Die entscheidenden Fragen müssten dann sein: Wie kommen wir aus der Blockade heraus? Wie kann der Stau der Energie möglichst schnell behoben werden? Und sogar noch vorgelagert: Wie nehme ich am schnellsten wahr, dass Energie sich zu stauen beginnt? Was sind die schnellstwirksamen Wege, um den Stau wieder aufzuheben?
Solche Fragen sind unvertraut. Die meisten Patienten und Klienten stellen sie sich nicht in dieser Form, sondern interpretieren es so, dass das Problem „im Kopf“ sein würde. In der generativen Hypnose sind die oben genannten Fragen aber die entscheidenden.
Anmerkungen:
1) Daniel Goleman: Emotionale Intelligenz, München 1997, S. 119f.
2) Goleman, a.a.O., S. 120