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Esoterik | Exoterik

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Dr. phil. Elmar Basse

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Esoterik & Exoterik

Als Esoterik wird in der geistesgeschichtlichen Tradition meist ein solches Wissen begriffen, das nur wenigen zugänglich sei, dem sogenannten „inneren Kreis“, während zur Exoterik hingegen das allgemein zugängliche Wissen zähle.


Dazu ist jedoch zu sagen, dass es ganz sicher „Geheimlehren“ gibt, deren Vertreter darauf achten, dass sie nicht nach außen dringen. Das ist jedoch ein Sonderfall und gilt keineswegs für das weite Gebiet, das die Esoterik umfasst. Da ist es geradezu umgekehrt:


Das esoterische Wissen und die esoterischen Lehren halten sich durchaus nicht geheim. Jeder kann Zugriff auf sie nehmen. Ein reicher Schatz an Literatur aus den esoterischen Lehren bietet sich dem Menschen dar. Die Hürde ist nicht die Verfügbarkeit, sondern ihr „Nutzwert“ liegt nicht zutage.


Mit diesem esoterischen Wissen scheint man ja nichts „machen“ zu können. Wie hilft es denn im praktischen Leben, was kann man damit anfangen? Dieses Wissen preist sich nicht an, es tritt nicht marktschreierisch auf und verschließt sich der üblichen Frage, wie man es verwenden kann, um dies oder jenes Ziel zu erreichen.


So sagt schon Aristoteles, eine der prägendsten Gestalten der Philosophie, über seine Vorgänger, die vorsokratischen Philosophen, das, was sie wüssten, würde man „ungewöhnlich, erstaunlich, schwierig, göttlich nennen, aber unnütz, weil es ihnen nicht um die menschlichen Güther zu tun war“1.


Das trifft den Nagel auf den Kopf. Dieses Wissen ist „unnütz“ und zieht die Menschen nicht zu sich hin, im Gegensatz zum exoterischen Wissen, das für die Menschen „nützlich“ ist. Wie man Ackerbau betreibt, wie man Gewinn und Verlust errechnet, wie man Menschen für sich gewinnt … das ist alles „nützliches“ Wissen, es passt zum Lebensalltag des Menschen, will ihm Unterstützung bieten, um seine Aufgaben zu erfüllen. Deswegen suchen die Menschen nach ihm, und deswegen bietet es sich auch so an, dass es leicht vermittelbar ist.


Dagegen zieht die Esoterik nur einige wenige Menschen an. Sie bemüht sich dann auch nicht darum, besonders leicht verstehbar zu sein, sondern setzt vielmehr darauf, dass die wenigen Interessierten sich schon selbst bemühen werden, den Sinn der Lehren zu verstehen.


„Das Wissen der Esoterik ist in verschlüsselter Form jedem zugänglich, doch es kann von dem Unwissenden nicht erkannt werden. Die Menge erkennt den Wert der Symbole nicht und hält sie deshalb für nutzlosen Unsinn. Man muss deshalb erst sehen lernen, um sehen zu können …“2

 

Empedokles‘ Lehre von den 4 Elementen ist ein esoterisches Wissen, das das Gewand des exoterischen trägt, damit die Menschen es akzeptieren und mit ihm etwas anfangen können.


Zu der Zeit des Empedokles glaubten Menschen an die Götter, und zwar an die olympischen Götter, die sie als menschenähnlich ansahen. Sie griffen ins Leben der Menschen ein, man hatte sich gut mit ihnen zu stellen, wollte man nichts ins Verderben gelangen. Sie waren ein Teil des menschlichen Lebens, sie waren Akteure in der Welt, mit denen der Mensch stets zu rechnen hatte. Sie sind nicht „abgehoben“ im Himmel, und daher ist es sehr „nützliches“ Wissen, wenn man die Ziele der Götter versteht und sich mit ihnen gutstellen kann.


Es ist darum auch äußerst „nützlich“, wenn Empedokles in seiner Lehre die Elemente den Göttern zuordnet. Das Feuer wird dem Zeus zugesprochen, die Luft der Hera (seiner Gattin), die Erde wird Hades zugeordnet, das Wasser der Persephone.


Wenn, wie es Empedokles lehrt, die sinnlich wahrnehmbare Welt aus den 4 Elementen besteht, so ist das exoterisch so zu verstehen, dass die Götter in der Welt wirken. Darum ist die 4-Elemente-Lehre anders als das Periodensystem der chemischen Elemente keineswegs nur darauf gerichtet, die materielle, stoffliche Welt in kleinste Bauteile zu zerlegen.


Das „elementare“ Wissen darum, wie die Götter in der Welt wirken, das Empedokles‘ Lehre vermittelt, ist für die Menschen höchst relevant, es ist ein äußerst „nützliches“ Wissen, indem es einen Zugriff erlaubt, wie man mit den Göttern „umgehen“ kann, indem man mit den Elementen „umgeht“. Wer z.B. ein Feuer entfacht und wer das Herdfeuer im Hause hütet, nimmt dabei Kontakt mit Zeus auf, bzw. umgekehrt, wer das Feuer verwenden will, sollte sich gut mit dem Gotte stellen.


Das ist die exoterische Seite. Die esoterische ist es hingegen, dass Empedokles gar nicht die Götter meint, auch wenn er von ihnen spricht, sondern die Urprinzipien, die mit den Göttern verbunden sind, die sie also repräsentieren. Die esoterische Lehre der Elemente möchte also darlegen, wie in der Welt das Eine wirkt und wie aus dem Einen die Welt entsteht. Das ist „ungewöhnlich, erstaunlich, schwierig“, vor allem aber ist es „unnütz“, wenn man nichts damit „machen“ kann.

 

Dass die 4-Elemente-Lehre eine esoterische Seite besitzt, aber auch exoterisch wirkt, ist nichts Ungewöhnliches.


Schaut man einmal genauer hin, ist es bei Religionen entsprechend. Die exoterische Seite an ihnen wendet sich an den Glauben des Volkes. Sie vermittelt die Inhalte so, dass sie zu verstehen sind, ohne dass man studieren muss. Ihre esoterische Seite hingegen ist oftmals äußerst anspruchsvoll und setzt viel Bereitschaft und Aufwand voraus, in ihre Lehren einzudringen.


In diesem Sinne hat die „exoterische Religion der Antike … die betreffenden Götter als anthropoforme Wesen betrachtet und sie auch in ihrer menschenähnlichen Gestalt verehrt. Genauso sicher ist aber auch, dass es parallel dazu eine esoterische Tradition gab, die in den Himmelskörpern Urprinzipien sah und in den Götterdarstellungen lediglich Bilder, die der inhaltlichen Ausformulierung dieser Urprinzipien dienen sollten.“3


Im Christentum, um nur ein Beispiel zu nennen, ist das aber keineswegs anders. Die Art, wie die Messe zelebriert wird und die Glaubensinhalte dargestellt werden, ist die exoterische Seite: die Vermittlung an die Gemeinde. Das nehmen junge Menschen schnell wahr, wenn sie aufgrund ihres christlichen Glaubens das Fach Theologie zu studieren beginnen. Dabei begegnen sie der esoterischen Seite, z.B. in der Bibelkritik, und werden sich bald dessen bewusst, dass es hier einen Unterschied gibt.


So fragt Sonja auf evangelisch.de:

„Hallo, ich interessiere mich ernsthaft für ein Studium der ev. Theologie. Seit ich mich darüber informiere, stolpere ich ständig über Warnungen es sein zu lassen, da mein Glaube dabei Schaden nehmen könnte. Das Studium sei darauf ausgerichtet mir Stück für Stück vor Augen zu führen wie unwahr das Alles am Ende wäre. Sprüche wie „Glaubst du noch oder hast du Theologie studiert?“ bringen es eigentlich auf den Punkt. Klar bin ich nicht abgeneigt mich sachlich bis kritisch mit der Materie auseinander zu setzen aber dennoch lässt mich das grübeln. Es besteht nun mal ein Unterschied in der Herangehensweise, ob ich daran interessiert bin etwas zu be- oder zu widerlegen. Ist es wirklich so? In welchem Licht steht dann der Pfarrer auf der Kanzel, der durch so eine Schule gegangen ist und mir dann möglicherweise predigt was er selbst nicht glaubt?“


In Wirklichkeit steckt nicht dahinter, dass das Studium dem Zwecke dient, dem Studenten vor Augen zu führen, „wie unwahr das alles am Ende wäre“. Die Enttäuschung entsteht mehr daraus, dass die Studenten sich lösen sollen von der exoterischen Seite, um die esoterische sehen zu lernen. Nur dass sie nach ihrem Studium, falls sie als Pfarrer arbeiten, diese exoterische Seite der Gemeinde vermitteln sollen.


Nicht wesentlich anders ist es für Ärzte: Es macht für sie einen Unterschied, ob sie mit Kollegen sprechen oder aber mit Patienten. Den Letzteren sind nicht bloß die Fachbegriffe oftmals nur sehr verständlich. Sie haben auch keinen „nüchternen Blick“ auf die eigenen Leiden und Schmerzen. Den aber braucht der behandelnde Arzt, wenn er die Untersuchung durchführt, deren Ergebnisse analysiert und beispielsweise Operationen durchführt. Spricht er jedoch mit seinem Patienten, steht er vor der Aufgabe, in dessen Sprache mit ihm zu sprechen, also quasi exoterisch.





Anmerkungen:

1) Friedrich Nietzsche: Die Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen, Kindle, Pos. 49153

2) Thorwald Dethlefsen: Schicksal als Chance, München 1979, S. 21

3) Rüdiger Dahlke / Nicolaus Klein: Das senkrechte Weltbild, München 1986, S. 54f.


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